Glöckner Natursteine

© Uwe Völkner / Agentur FOX

„Alle müssen von der Wirtschaft im Allgemeinen und jedem Unternehmen im Einzelnen profitieren, wenn das Zusammenleben in einer globalisierten Welt langfristig funktionieren soll.“

Katja Hobler, Glöckner Natursteine

Gründungsjahr: 1967
Mitarbeiteranzahl: 25
Auszubildende: 3

Warum nachhaltige Unternehmen es besser durch die Krise schaffen – ein Gespräch mit Katja Hobler, Glöckner Natursteine

Als stellvertretende Vorsitzende des Beirats für das Projekt „HANDWERKhochN – Nachhaltigkeit in Handwerksbetrieben stärken!“ und als Geschäftsführerin von „Glöckner Natursteine“ befasst sich Katja Hobler (47)  intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit in Handwerksunternehmen. Die Steinmetz- und Restaurationswerkstatt im saarländischen Neunkirchen gilt aufgrund ihres vielfältigen Nachhaltigkeitsengagements als Wegbereiter auf diesem Gebiet und hat bereits eine Nachhaltigkeitserklärung nach Standards des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) veröffentlicht. Im Gespräch mit „HANDWERKhochN“ erläutert Katja Hobler, wie sich die pandemiebedingte Situation auf ihr Unternehmen auswirkt, warum nachhaltiges Wirtschaften Betriebe krisensicherer macht und welche Forderungen Sie an Politik und Handwerksorganisationen in Bezug auf Nachhaltigkeit stellt.

Frau Hobler, wir führen dieses Interview im Mai 2020. Mittlerweile sind zwei Monate vergangen in denen das wirtschaftliche Leben stark von den Corona-Schutzmaßnahmen beeinträchtigt war. Was hat sich für Ihren Betrieb durch die Krise verändert?

Letztlich gar nicht so viel. Anfang März haben wir die Schockstarre in unserer Kundschaft bemerkt, da ging kaum das Telefon. Danach konnten wir uns vor Anfragen allerdings nicht mehr retten. Die Leute kommen jetzt zwar alle mit Maske – aber Sie kommen!

Ich habe das Gefühl, dass die Leute jetzt alle im Homeoffice sitzen und ihnen dort auffällt, was ihnen schon lange nicht gefällt und dass jetzt die Zeit ist, sich darum zu kümmern.

Inwiefern ist Ihre aktuelle Situation wohl darauf zurückzuführen, dass in Ihrem Betrieb das Thema Nachhaltigkeit großgeschrieben wird?

Ich würde schon sagen, dass es bei uns im Moment so gut läuft, hängt damit zusammen, dass wir unseren Betrieb nachhaltig führen. Nachhaltigkeit steht seit geraumer Zeit bei uns im Vordergrund. Darum stellen wir uns bei jeder Entscheidungimmer die Frage, inwiefern das in unsere Strategie passt und ob es nachhaltig in dem Sinn ist, als dass es zukunftsorientiert ist.

Nachhaltigkeit steht für uns nicht nur für Umweltschutz und Lieferketten, wir betrachten das Thema ganzheitlich. Das umfasst vor allem den Umgang mit unseren Mitarbeiter*innen , den Kund*innen sowie unseren Lieferfirmen. Uns geht es nicht nur um die Qualität unserer Arbeit, sondern auch darum, wie wir zu unseren Aufträgen kommen und wie wir sie abwickeln.

Sie sprachen das Thema der Lieferketten an. Inwiefern waren Sie von Grenzschließungen und Lieferengpässen betroffen?

Davon waren wir nur marginal betroffen, denn der überwiegende Anteil unseres Materials kommt aus einem Umkreis von 100 Kilometern. Wir haben uns schon vor zwei Jahren komplett vom asiatischen Markt verabschiedet und beziehen vor allem regional. Es gab kleinere Verzögerungen mit Lieferungen aus Italien, dafür hatte der Kunde aber Verständnis. Unser Hof liegt voll mit Sandstein, weil wir auf langjährige, gute Beziehungen mit den Lieferfirmen zurückblicken können und uns entsprechend einen guten Ruf in der Region aufgebaut haben.

Wie hängen die guten Beziehungen zu ihren Lieferfirmen mit der nachhaltigen Betriebsführung Ihres Unternehmens zusammen?

Wir kaufen beispielsweise nicht nur über den Preis ein. Natürlich habe ich immer Vergleichsangebote, wenn ich einkaufe. Allerdings gehe ich damit ganz transparent um. Jede meiner Lieferfirmen weiß, mit wem ich noch zusammenarbeite und dass es mir nicht darauf ankommt, so billig wie möglich einzukaufen. Mir geht es vor allem darum, dass die Zuliefernden davon leben können, mir gute Qualität bringen und dass sie das auch in den nächsten Jahren noch tun können. 

Ihr Betrieb hat einen Nachhaltigkeitsbericht nach den Kriterien des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) veröffentlicht. Welchen Nutzen liefert dieser Bericht Ihnen aktuell in der Corona-Krise?

Die meisten Kund*innen kommen zu uns entweder über Empfehlungen oder über unsere Internetseite, auf der sie sich genau umschauen. Ich werde oft auf das Thema Nachhaltigkeit angesprochen. Selbst wenn die Leute sich nicht den gesamten Nachhaltigkeitsbericht anschauen, erfahren Sie dort, dass unsere Strategie nachhaltig angelegt ist.

Mittel- bis langfristig zahlt sich das in jedem Fall aus. Vieles findet ja auch informell über unseren Ruf als Betrieb statt. Die Kund*innen haben viel Gutes über uns gehört und in der Presse über uns gelesen. Dann komme sie auf die Internetseite und sehen vielleicht unseren Nachhaltigkeitsbericht – so setzt sich das Gesamtbild zusammen.

Die Nachhaltigkeit war vor dem Beginn der Corona-Krise in aller Munde, nun gerät das Thema angesichts existenzieller Bedrohungen für viele Betriebe scheinbar in den Hintergrund. Warum sollten Betriebsinhaber*innen sich in dieser Zeit noch mit dem Thema der nachhaltigen Betriebsführung auseinandersetzen?

Weil nachhaltige Betriebsführung eben auch zukunftsorientierte Betriebsführung ist. Für uns steht nicht nur unser eigener Gewinn im Mittelpunkt. Das, was wir erwirtschaften, wird anders verteilt und so profitieren mehrere Anspruchsgruppen. Das macht aus meiner Sicht Zukunftsorientierung aus.

In denjenigen Branchen, in denen es nur um eine möglichst günstige Produktion großer Stückzahlen geht, fährt das Geschäft gerade gegen die Wand. Diejenigen, denen es nur um schnellen Profit geht, können ihren Betrieb nicht auf stabile Füße stellen. Wir erkennen immer mehr, dass es sich rentiert, in den Betrieb zurück zu investieren, beispielsweise in digitale Lösungen, in Fort- und Weiterbildungen und in Prozesse der Mitarbeiterbeteiligung. Das schmälert natürlich den Gewinn ein wenig, führt aber dazu, dass wir langfristig einfach besser aufgestellt sind – auch, was die Nachfolge angeht.

Nachhaltigkeit heißt ja erstmal, dass Investitionen langfristig angelegt sind. Durch unser Gewerk können wirkliche Werte geschaffen werden. Ich glaube, dass wir aktuell auch deshalb so viele Anfragen haben, weil die Menschen nicht wissen, wie sich das Finanzwesen entwickelt und wie sie ihr Vermögen sichern können. Jeder weiß, das Geld, das in das eigene Haus gesteckt wird, das ist langfristig angelegt und davon hat man die nächsten Jahrzehnte etwas.

Sie hatten davon gesprochen, dass in Ihrem Betrieb verschiedene Anspruchsgruppen von dem profitieren, was Sie erwirtschaften. Wer sind diese Anspruchsgruppen?

Die wichtigste Anspruchsgruppe sind meiner Meinung nach die eigenen Mitarbeiter*innen. Wenn die Geschäftsführung der Belegschaft auf Augenhöhe begegnet, profitiert das Unternehmen sehr stark davon. Wir bezahlen nach Tarif oder darüber, und unsere Mitarbeiter*innen haben die Möglichkeit, sich bei internen Entscheidungen in dem Maße aktiv einzubringen, wie sie es möchten. Unsere Mitarbeiter*innen sollen nicht nur herkommen und arbeiten – wir möchten, dass sie sich dem Unternehmen verbunden fühlen, loyal bleiben und im Idealfall eine sinnstiftende Arbeit erfahren.

Diese Verbundenheit macht im Betriebsklima, der Qualität der Arbeit und im Verantwortungsbewusstsein der Kolleg*innen bemerkbar und das ist es, was ein Unternehmen krisenfest macht.

Darüber hinaus ist es auch die Region, in der wir hier leben, die von unserem wirtschaftlichen Erfolg profitieren soll. Es kommt etwas zurück, wenn man ehrenamtlich aktiv ist, Arbeits- und Ausbildungsplätze stellt und wir nehmen wahr, dass der Kundschaft diese Dinge wichtig sind. 

In der Krise steckt manchmal auch eine Chance. Sehen Sie mögliche positive Effekte für Handwerksbetriebe?

Es kommt darauf an, wie der einzelne Betrieb damit umgeht. Für uns sehe ich die Chance darin, dass sich ein Teil unserer Kundschaft nochmal stärker bewusst wird, dass Qualität wichtiger ist als Quantität.

Betriebe, die jetzt weniger zu tun haben, hätten jetzt die Chance, genau auf sich selbst zu schauen. Eine Standortbestimmung vorzunehmen und zu überlegen, was einen stark macht, was schwächt und an welchen Stellschrauben gedreht werden sollte. Genau das hatten wir uns eigentlich vorgenommen, aber die Auftragslage erlaubt uns das nicht.

Sie haben einen Nachhaltigkeitsbericht nach den Kriterien des Deutschen Nachhaltigkeitskodex auf ihrer Unternehmensseite veröffentlicht. Hat Ihnen die Anfertigung des DNK-Berichts schon einmal bei anderen bürokratischen Verfahren geholfen?

Absolut. Wenn man diesen DNK-Bericht einmal geschrieben hat, dann entsteht ein genaues Bild des eigenen Betriebs. Das Unternehmen wird für uns selbst noch transparenter und das ist sehr hilfreich.

Unser Betrieb hat sich nach den europäischen Umweltmanagementstandards (EMAS) zertifizieren lassen und für die Erstellung des Umweltberichts hilft mir der DNK-Nachhaltigkeitsbericht, weil ich alle relevanten Kennzahlen schon vorliegen habe. Außerdem führen wir aktuell ein System zum Arbeitssicherheitsmanagement ein und da hilft es uns, dass wir den Umgang mit einem Managementverfahren gewohnt sind. Wir wissen, wie wir Kennziffern ermitteln und wie wir sie aufbereiten. Das ist für uns kein Neuland mehr, und es erleichtert die Anfertigung der Berichte. 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ich wünsche ich mir, dass bei staatlichen Fördermitteln oder Konjunkturprogrammen Nachhaltigkeit ein Vergabekriterium wird. Bei öffentlichen Ausschreibungen sollte es eine Rolle spielen, ob der Betrieb nachhaltig wirtschaftet, was seine Lieferketten, den Umgang mit Mitarbeitenden und den Umweltschutz angeht. Vorgaben zur Nachhaltigkeit sollten in die öffentlichen Vergabeverordnungen aufgenommen werden, um dem Rechnung zu tragen, was nachhaltige Betriebe leisten.

Das muss nicht zwangsläufig heißen, dass man mehr Bürokratie schafft. Der DNK-Bericht ist zum Beispiel ein großartiges Instrument, um mit wenig Aufwand und trotzdem transparent zu berichten.

Sie beteiligen sich als Betrieb selbst nicht mehr an öffentlichen Vergabeverfahren. Woran liegt das?

Weil wir meistens nicht zum Zuge kommen. Ich kann mich an keine öffentliche Ausschreibung mehr erinnern, wo wir mitgemacht haben und den Auftrag dann bekommen haben. In der Regel soll bei solchen Ausschreibungen das wirtschaftlichste Konzept den Zuschlag bekommen, aber am Ende ist es doch einfach das günstigste. Da kommen teilweise Preisunterschiede zusammen, die sich nicht mehr erklären lassen.

Ob wir beispielsweise EMAS-zertifiziert sind, interessiert da niemanden. Oder, dass wir wirklich auch fortlaufende Verbesserungsprozesse in Gang setzen und unsere Umweltleistung stetig optimieren, dass wir die Arbeitssicherheit bei uns so hoch hängen, dass unsere Mitarbeiter*innen aktiv eingebunden sind und Mitspracherecht haben – das alles spielt da keine Rolle. Weitere Beispiele sind die regelmäßige Weiterbildung der Belegschaft, Informationen über Vorsorgeverträge und unsere betriebliche Alters- und Gesundheitsvorsorge.

Das alles bringt uns auf jeden Fall weiter, sonst würde ich es ja nicht machen. Das macht hier alle zufriedener; die Mitarbeiter*innen bleiben länger gesund und auch länger arbeitsfähig. Aber weil sich das alles auch im Preis niederschlägt, kommen wir bei öffentlichen Ausschreibungen nicht zum Zuge, weil wir zu teuer sind.

Ich wünsche mir, dass wir die Möglichkeit bekommen, die Zusammensetzung unserer Preise transparenter darzustellen. So könnten unser Engagement und die langfristige, nachhaltige Wirtschaftlichkeit in der Vergabe berücksichtigt und gewürdigt werden.

Die Firma Glöckner Natursteine ist ein Pionierbetrieb, was das nachhaltige Wirtschaften im Handwerk angeht. Haben Sie eine Botschaft für Betriebsinhaber*innen, die sich überlegen, das eigene Unternehmen in Zukunft nachhaltiger zu führen?

Die Beschäftigung mit der Nachhaltigkeit in all ihren Aspekten hat für unseren Betrieb einen Quantensprung bedeutet – es ist ein anderes Unternehmen geworden.

Alle hier denken und handeln miteinander, die Mitarbeiter*innen wollen sich an der Entwicklung des Betriebs beteiligen. Gerade die aktive Beteiligung der Mitarbeiter*innen hat uns auch den Weg zur Digitalisierung unserer Prozesse leicht gemacht. Das macht einfach Spaß und das registriert unsere Kundschaft.

Frau Hobler, vielen Dank für dieses Gespräch.

Was sollten unsere Besucher über Ihre Gründungsgeschichte wissen?

Unsere Haupt-Leistung – die Restaurierung alter Bausubstanz – ist schon von der Idee her der Nachhaltigkeit verpflichtet. Denn es gilt die Devise: So viel erhalten wie möglich, so wenig neu machen wie nötig. Diese Arbeitsweise sichert nicht nur alte Bausubstanz, sie reduziert auch den Einsatz von neuem Material. Im Sinne unseres nachhaltigen KVPs (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess) versuchen wir dieses Prinzip auch auf andere Bereiche zu übertragen. So gehört z.B. die Entwicklung eines Konzepts für Grabmalrecycling in Zusammenarbeit mit unserer Kommune zu unseren Umweltzielen.

Wann sind Sie zum ersten Mal mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ in Berührung gekommen?

Bewusst im Jahr 2014 durch das Projekt „CSR-Kompetenz für kleine und mittlere KMU“, dass die saarländische Staatskanzlei unter der damaligen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer initiiert hat.

Was war für Sie ein Auslöser, sich mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ zu beschäftigen?

Ich glaube, ausschlaggebend war die Diskussion um Kinderarbeit in der asiatischen Natursteingewinnung und -verarbeitung und vor allem der Mangel an Bereitschaft in unserer Branche sich damit aufrichtig auseinander zu setzen.

Ziemlich schnell stellte sich uns die Frage: Unter welchen Bedingungen wollen wir unseren Gewinn erzielen?

Welche Rolle spielt Regionalität für Ihren Betrieb?

Wir arbeiten ausschließlich regional: Jede unserer Baustellen muss so gelegen sein, dass sich die tägliche An- und Abfahrt lohnt. Weil wir hauptsächlich in der Restaurierung (denkmalgeschützter) Gebäude tätig sind, verarbeiten wir vor allem den Naturstein, der auch vor 300 Jahren schon vor Ort verfügbar war. Und das ist nun mal Sandstein.